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Mit freundlicher Unterstützung des Vereins Förderer des Kepler-Gymnasiums e. V. / Beginn: 3.Mai / Ende: 11. Juni / Abschlussperformances: 11 + 12. Juni

Der Performance-Künstler Simon Pfeffel führt mit den Abiturienten des Neigungskurses ein Performance-Projekt im öffentliche Stadtraum durch. Die Schülerinnen und Schüler werden im Laufe des Projektes dazu angleitet,  Performances durchzuführen, ihre Erfahrungen zu reflektieren und in eigene Ideen umzusetzten, die am Ende an der Schule präsentiert werden. Ein kunstgeschichtlicher Abriss der Entwicklung von Performance-Kunst sowie eine Abgrenzung zur Konzeptkunst und zu Happenings wird am Beispiel einflussreicher postmoderner und zeitgenössischer Künstler erläutert. So sollen die Brücke zwischen schulischem Kunstunterricht und einem möglichen Kunststudium geschlagen und Einblicke in den Arbeitsalltag eines freischaffenden Künstlers geschaffen werden.

Der öffentliche Raum, der bewohnte Raum, meist Stadtraum, freie Fläche, umgeben von Architektur. Hier bewegen wir uns, zur Arbeit, um einzukaufen, um alltägliche Strecken zurückzulegen. Die Akteure heften sich an zufällige Passanten, indem sie mit diesen mitgehen. Simon Pfeffels Handlungsanweisungen wirken zu Beginn monologisch, sind jedoch immer dialogisch entworfen: Das „ich“ und das „du“ sind feste Bestandteile. “Wenn ich mit einer zufälligen Passantin im öffentlichen Raum mitgehe und ihre Schrittgeschwindigkeit annehme, dann verlasse ich meine eigenen Pfade und folge meinem Gegenüber. Dessen Schrittgeschwindigkeit und – Rhythmus werden so Ausgangspunkt meiner Bewegung. Im Takt meines Gegenübers beginne ich laut „ich“ zu sprechen und wiederhole dies solange wie möglich. Dieses „ich“ ist natürlich das eigene ich. Gleichzeitig jedoch ist es das „ich“ meines Gegenübers. Die Irritation meines Gegenübers wird durch ein Paradox verstärkt: Wenn wir „ich“ sagen, konstituieren wir uns psychisch, ein Subjekt entsteht. Babys erfahren nach und nach ihre eigene Subjektivität, sie lernen das Wort „ich“ und dessen Bedeutung. Sie werden eigenständig und grenzen sich von ihrem Gegenüber ab. So ist das „ich“ immer auch ein „du“, weil erst das Eigene das Fremde schafft. Meine Handlungsanweisung fordert dazu auf, das „ich“ zu wiederholen. Die Wiederholung bedingt, dass das Wort „ich“ mit jedem Schritt an Sinn verliert. Wir erschaffen uns und zerfallen zur selben Zeit.”, so der Künstler über die Handlung, die die Schülerinnen und Schüler seiner Anweisung nach am 7. Mai in der Pforzheimer Innenstadt durchgeführt haben.

Am 4. Juni legten sich die Schülerinnen und Schüler in der Pforzheimer Innenstadt auf den Boden und änderten so ihre Perspektive in der Wahrnehmung der Stadt. Und auch sie selbst wurden so ganz anders wahrgenommen, von neugierigem Interesse über freundliche Hilfsangebote zu Unverständnis reichten die Erfahrungen, die mit den zufälligen Rezipienten, den Fußgängern, gemacht wurden.

Am 11.6., 11.30 – 12.30 Uhr, haben zahlreiche, selbstständig erarbeitete Performances in der Innenstadt Pforzheims stattgefunden. Die folgenden Dokumentationen wurden unter anderem am 12.6., ab 18 Uhr am Kepler-Gymnasium Pforzheim ausgestellt.

ohne Titel, Pforzheim, Fußgängerzone am Leopoldplatz, Dauer: 30 Minuten

UMSTÄNDE: In der Pforzheimer Fußgängerzone wird momentan gebaut, was die Fußgänger in der Wahl ihres Weges durch die sonst so breite „Shopping-Meile“ einschränkt. In einer so entstandenen Engstelle bewegt sich der Strom an Menschen nun nur noch linear in zwei Richtungen. Schnell wird die enge Gasse passiert, um überflüssigen Kontakt mit anderen zu vermeiden. Wie kann man diese Hast aneinander vorbei in einen bewussten und zur Kenntnis genommenen Moment im Alltag verwandeln?

PERFORMANCE: Wir bauen eine Mauer, eine Wand aus Menschen. Wir halten uns aneinander fest und lassen nur in der Mitte einen Spalt frei, ein „Tor“, gerade breit genug für eine Person. In beide Richtungen der Öffnung bildet sich eine Schlange, da es nun nur mit einem zeitaufwendigen Umweg möglich ist, uns zu umgehen.

REAKTIONEN: Zunächst fällt mir auf, wie höflich die Menschen miteinander und auch mit uns umgehen. Das „Tor“ wurde passiert, natürlich unter Beachtung jeder anwendbaren Verkehrsordnung und wir wurden meist sogar mit einem „Danke!“ belohnt. Viele schienen sich geradezu zu freuen, uns passieren zu dürfen. Auch wenn einige wenige sich in ihrem Tun gestört fanden und die Mauer als „größten Schwachsinn, den sie je gesehen hätten“ abtaten, so gab es doch größtenteils uns wohlgesonnene Passanten.
Insgesamt trafen unsere Vermutungen auf die Reaktionen der Passanten größtenteils zu, Überraschungen gab es dennoch und am Ende haben wir viel Neues erfahren, Reaktionen, die wir im Voraus nie berechnen hätten können.

FRAGEN: „Was wird denn das hier?“-„Eine Mauer!“-„Ja, das sehe ich auch.“, war wohl der häufigste Ablauf einer entstandenen Konversation mit den Passanten. Viele wollten sich jedoch nicht mit unserer Antwort zufrieden geben. Man wollte so gerne den tieferen Sinn in unserem Treiben sehen, unbedingt die clevere Gesellschaftskritik oder den Nutzen unserer Performance erkennen. So fanden die Passanten für sich selbst die Antwort, die sie sich wünschten, ob nun Kritik an den offenen Grenzen Europas, an der Deutschen Mauer oder an der Stadtplanung Pforzheims. (Matilda K., Laura G. u. a.)

ohne Titel, Pforzheim, Galeria Kaufhof bis zum Marktplatz, Dauer: ca. 30 Minuten

Bei meiner Performance wurde die Art der Fortbewegung in Frage gestellt. Statt ganz normal auf dem Boden zu laufen, bewegte ich mich innerhalb der Performance nur auf 2 roten, mitgebrachten Stühlen fort. Meine Kleidung bestand aus einfacher Alltagskleidung. Raum der Performance war die Fußgängerzone, die gerade aufgrund von Baustellen stark verengt war. Die Dauer hatte ich auf eine halbe Stunde reduziert, da das Stühlebewegen anstrengende Arbeit war. Ich wurde häufig von Passanten angesprochen und habe auf ihre Fragen hin meist nur erklärt, dass ich den Weg durch die Fußgängerzone einmal anders gehen will. Außerdem habe ich den Menschen einen Stuhl angeboten, falls sie eine Pause hätten machen wollen. Zwei Passanten fragten mich auch, ob sie mithelfen könnten, und haben mir dann jeweils den Stuhl ein kleines Stück getragen. Letztendlich war meine Performance auf jeden Fall eine ganz neue Art, die Stadt zu erkunden. Die Strecke fühlt sich zwar wesentlich länger an als normal, aber auch der Weg ist das Ziel und in diesem Fall war der Weg eine sehr effektive Art und Weise, um ins Gespräch zu kommen. (Hanna R.)

Meine Wohnung in der Stadt, Pforzheim, Marktplatz, Dauer: etwa eine Stunde

Ich suche mir die Mitte des Marktplatzes und zeichne zunächst den Grundriss eines Raumes, mit allen Möbeln, die ich für meine Aufenthaltszeit benötige, auf den Boden. Die Maße entsprechen ca. meiner Körpergröße, sprich 170 x 170 cm. Der Hauptteil der Performance besteht darin, in diesem von mir erschaffenen Zimmer zu leben, als wäre es mein eigenes Zuhause inmitten des öffentlichen Raums: Nägel lackieren, Haare machen, etwas Gymnastik, Freunde empfangen etc. (Eva W.)

ohne Titel, Pforzheim, Fußgängerzone, Dauer: etwa 30 Minuten

Ich setze mich mit einer weiteren Person inmitten einer Fußgängerzone auf den Boden. Wir legen unsere Skizzenbücher vor uns und schauen uns dabei in die Augen. Ohne den Blick von uns zu lassen, fangen wir unbewusst an, etwas in unser Skizzenbuch zu skizzieren oder zu schreiben. So wird das unbewusste Tun ein wichtiges Element der Performance. Ggf. wird dieses durch den Umraum und die Passanten beeinflusst. (Lana K. mit Büsra K.)

Die humane Drehtür, Pforzheim, verschiedene öffentliche Plätze, Dauer: etwa 30 Minuten

An verschiedenen Plätzen in Pforzheim wurde in Windeseile eine menschliche Drehtür mithilfe eines Seiles aufgebaut. Am 11.06., vormittags begegneten wir dadurch vielen Menschen, die geschäftig von A nach B eilten und doch für einen Moment innehielten, um unsere Drehtür auszuprobieren. Dabei erhielten wir verschiedene Reaktionen, welche von einem freundlichen „Danke!“ bis hin zu „Was macht ihr denn da?“ reichten. Manche unserer Mitbürger zeigten sich von der besonders kreativen Seite, bevor sie unsere Tür passierten: „Habt ihr keine anderen Hobbies, außer der Elite Pforzheims den Weg zu versperren?“ Ja, genau, warum haben wir dieses Projekt gemacht? Wir wollten die Grenzen austesten. Was passiert, wenn man mitten in Pforzheim den öffentlichen Weg versperrt? Entgegen unserer Erwartung kamen wir mit vielen, sehr offenen Menschen in Kontakt, welchen erstmals bewusst wurde, wie es ist, wenn man einen Weg nicht wie gewohnt passieren kann. (Amelie B., Yasmine B. und Jenny Joy S.)

Kleider machen Leute, Pforzheim, Rathausplatz, Dauer: etwa 10 Minuten

Wir stellen uns mit Winterjacken bekleidet, aber ansonsten sehr sommerlich angezogen, auf steinerne Blöcke, die am Rand des Platzes stehen, und warten. Viele Passanten gehen vorbei und schauen etwas verwundert, teilweise auch etwas überfordert.

Das Ziel unserer Performance ist es, die Menschen zu verunsichern und sie zum Nachdenken anzuregen. Warum stehen da zwei Menschen bei 28 °C und haben Winterjacken an? Ist ihnen nicht zu warm da oben in den Winterjacken?
Gleichzeitig sollte der Kontrast zwischen Winter (Winterjacken) und Sommer (kurze Hose, T-Shirt und Sonnenbrille sowie Witterung) dargestellt und verdeutlicht werden. Evtl. ein Hinweis auf den Klimawandel. (Christian K. und Florian S.)

Pfeffel (20.07.2018)